Seitdem ich Blidö vor drei Wochen verlassen habe, ist fast kein Tag vergangen an dem mein Puls nicht wenigstens für ein paar Stunden im ersten HF-Bereich gelegen hat. Entweder beim klassischen Strecke machen auf dem Sattel oder bei Wanderungen bzw. Trail Läufen im Fjell. Vor dem morgigen, eigentlichen Entspannungstag an Bord der Hurtigrute lasse ich es aber bereits heute etwas ruhiger angehen.
Entspannung bei 370 Watt
Wie jeder Tag (im Hotel) beginnt auch dieser mit einem Frühstücksbuffet. Nicht üblich ist allerdings der phänomenale Ausblick auf den Fjord mit Bergpanorama und die schier überwältigende Auswahl des Frühstücksbuffets. Dabei stellt sich der vermeintliche Blaubeersaft allerdings als purer rote Beete „Saft“ heraus, was mir dann doch etwas zu gesund ist. Da ich erst um 12.00 Uhr auschecken muss und heute auch keine Fahrradetappe bewältige, zieht es mich spontan doch ins Fitnesscenter. Ohne Vergleichswerte kann ich dort endlich einmal meine hoffentlich dazu gewonnene Ausdauer auf dem Ergometer in Watt bestimmen. Stufenweise erhöhe ich jede Minute die Belastungskonstante um eins, bis ich bei 370 Watt nach 30 Sekunden aufgeben muss, um es nicht zu übertreiben. Entsprechende einschlägiger Webseiten ist das ein ganz passabler Wert für Freizeitsportler, wobei ich dieses Maximum nicht im Geringsten über längere Zeit zu halten vermag.
Kaltes Sommerbuffet
Im Anschluss dusche ich noch einmal schnell und mache es mir dann hinter dem Panoramafenster mit Blick auf den Fjord in der Lobby gemütlich. Während draußen an die 30° Celsius herrschen, kann ich bei einem weiteren Kaffee ein paar aufgeschobene Dinge von der ToDo-Liste erledigen. Da ich für die Nachtüberfahrt mit Hurtigruten keine Kabine gebucht habe, wäre es ohnehin etwas unangenehm bereits verschwitzt an Bord zu kommen, was mir so erspart bleibt.
Zum Abschluss lasse ich mir das heutige Sommerbuffet im Scandic jedoch nicht entgehen, wo ich um 18.00 Uhr noch vor Eintreffen einer dänischen Reisegruppe einen Tisch ergattern konnte. Äußerst stilvoll angerichtet beeindrucken vor allem diverse Salate, Lachs, der Rhabarbergravierte Skrei auf dem für Norwegen bekannten kalten Buffett. Auch der Nachtisch bestehend aus Apfel- und Rhabarberkuchen ist gut, kann aber nicht mit den kalten Vorspeisen mithalten.
Boarding im Autolift
Gesättigt mache ich mich schließlich um 20.30 Uhr auf den Weg zum nahegelegenen Anleger der Hurtigrute im Stadtzentrum. Als ehemalige Postschiffroute ist eben jene mittlerweile weltbekannt und besitzt zudem einige wenige Autoplätze, die durch einen in der Bordwand eingebauten Lift erreicht werden können. Auch als Radler kann ich nun endlich einmal mit diesem Lift den Frachtraum betreten und werde von zwei Matrosen mit altbekannten und heimisch-klingenden Nordnorwegischen Dialekt empfangen. Noch im Hotel habe ich ein paar Sachen für die Nacht rausgesucht und nehme dementsprechend nur die Quertasche mit. Pünktlich um 21.45 Uhr verlassen wir Molde und es geht über Nacht, mit einigen Zwischenstopps, südwärts entlang der norwegischen Westküste. Ohne Kabinen nehme ich die Nacht über in einem Liegesessel in der Panorama Lounge Platz, wo die Ruhe ab 23.00 Uhr nur noch einmal vom Staubsauger unterbrochen wird. Aufgrund der ungewöhnlichen glatten See und dem äußerst ruhigen Fahrverhalten verschlafe ich mehrere Anlegemanöver und gehe nur in Ålesund einmal kurz an Land und wieder an Bord, während die Crew neue Lebensmittel bunkert.
Lokale Küstenkulinarik
Zu um 7.00 Uhr habe ich mir ein Platz zum Frühstücken im großen Buffetrestaurant an Bord reserviert. Als einer der ersten bleibt mir so auch langes Anstehen beim Selbstbedienungsbedien-Buffett erspart, wobei die Auswahl im Vergleich zu früheren Reisen übersichtlicher erscheint. Die Qualität stimmt aber in jedem Fall und in direkter Nähe zum Kapitän’s Tisch und hinter dem großen Panoramafenster genieße ich die Atmosphäre ausgiebig, während draußen das zerklüftete Küstenland vorbeizieht.
Den Rest des Tages genieße ich hauptsächlich die Szenerie, entspanne in der Lounge, lese etwas, unterhalte mich mit ein paar Besatzungsmitgliedern und schließe die Überfahrt zu guter Letzt mit einem Mittagessen beim Einlaufen in Bergen ab. Es gibt Fischsuppe, wahlweise Risotto oder Kabeljau und zum Nachtisch Karamellpudding. Alles oder soweit möglich mit Produkten, die entlang der „Hurtigrute“ produziert oder gefangen werden. Auch wenn ich insgesamt den Altersschnitt beträchtlich nach Unten ziehe, so genieße ich die Fahrt voll und ganz. Es ist allerdings ratsam sich gezielt etwas zur Beschäftigung mitzunehmen, um die Zeit zwischen den Mahlzeiten sinnvoll zu überbrücken, sofern das kleine Fitnessstudio, die Sauna oder der Whirlpool besetzt sind.
Auf der kommenden Etappe, die noch am Nachmittag der Ankunft in Bergen beginnt geht es bis nach Stavanger und von dort mit dem Zug nach Kristiansand.
Bis dahin,
Kai