Atlantic Ocean Road

Sommer am Nordatlantik

Es wird ein Tag den ich wohl mein Leben lang nicht vergessen werde. Ein Tag voller Eindrücke, Erlebnisse und atemberaubender Natur gepaart mit ein wenig Luxus. Es geht von Smøla zurück auf's Festland und über Kristiansund und Averøy zur weltbekannten Atlantikstraße. Bei strahlenden Sonnenschein, was hier selten der Fall ist, geht es am frühen Abend noch bis nach Molde ins Hotel Scandic Seilet.

Hin und Weg im Eco Camp

Trotz des guten Wetters und einem Windschutz in der Nähe folge ich meinem Bauchgefühl und buche für die Nacht noch ein Bett im Schlafsaal des Eco Camp Norway's auf Smøla. Auch wenn ich erst am Abend ankomme und am Sonntagmorgen wieder relativ früh aufbreche lohnt sich der Besuch allemal. In einer alten Grundschule hat man ausschließlich auf Basis von recycelten Gegenständen und vermeintlichen Plastikmüll eine ganz besondere Herberge geschaffen. So schlafe ich in einem Hochbett aus Europaletten verziert mit Milchkartondeckeln und entspanne in kreativen Sitzecken mit Comicheft-beklebten Tischen. Nebenbei lädt das schöne Wetter noch zu einem Sprung in den Nordatlantik ein bevor es am Abend Fischburger von den Lofoten mit einem sommerlichen Kartoffelsalat gibt.

Da die Fähre am Sonntagmorgen nur alle 90 Minuten verkehrt, verlasse ich die gemütliche und einzigartige Herberge bereits um 8.30 Uhr im dichten Nebel wieder. Angekommen auf dem Festland treffe ich rein zufällig zwei Italiener in meinem Alter, die auf ihren Rennrädern und mit erstaunlich wenig Gepäck vom Nordkapp bis nach Italien radeln und heute ebenfalls nach Molde wollen. Nach einem kurzen Plausch machen wir uns gemeinsam auf den Weg nach Tømmervåg, um dort (noch) die Fähre nach Kristiansund zu erwischen. Während einer kurzen Aufstockung der Essensreserven buche ich schnell ein Taxi beim örtlichen Verkehrsverbund, welches uns (mit Fahrrädern) durch den Atlantiktunnel nach Averøy shuttlet.

Die Atlantikstraße

Aufgrund der Tiefe und Länge des Unterseetunnels ist man als Radler auf den Linienbus oder eben ein Taxi angewiesen, um den Ausgangspunkt der Fahrradroute 1 und der Atlantikstraße auf Averøy zu erreichen. Angekommen am Abholpunkt entscheiden sich die beiden Italiener spontan auf den unregelmäßigen Bus zu warten, der an diesem Tag nur drei Mal fährt und zudem nur genau zwei Fahrräder mitnehmen kann. Ich bewundere ihren Mut und bezahle gerne die 100,- NOK für das Taxi, wobei ich nicht mal mehr das Gepäck hätte abnehmen müssen und das Fahrrad einfach in den Sprinter rolle. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln und gerade Fernbussen in Norwegen zu reisen funktioniert im Allgemeinen gut, kann aber auch mal schief gehen und das gerade wenn man zudem noch zwei Fahrräder mitnehmen möchte... Ich sehe die beiden nicht wieder.

Auf Averøy soll man eigentlich der Nebenstraße entlang der Küste bis nach Karvåg folgen, wo die "eigentliche" Atlantikstraße mit ihren zahlreichen Brücken beginnt. Da ich aber heute noch bis nach Molde muss spare ich mir die 20 Kilometer Umweg und heize mit Rückenwind über die Landstraße. Die Passage über die vielen Dämme, Inseln bzw. kargen, unbewohnten Schären und hohen Brücken ist schlichtweg umwerfend. Da ich im Allgemeinen ebenso schnell bin, wie die Wohnmobilisten stört auch die extrem hohe Anzahl nicht. Auf Lyngholmen genieße ich den Blick auf die aus dem Meer emporsteigende Storseisundbrua bei einem kleinen Picknick.

Mit Rückenwind nach Molde

Mit dem Wissen, dass ich noch weitere 80 Kilometer vor mir habe und es bereits 14.00 Uhr ist, mache ich mit jedoch relativ schnell wieder auf den Weg. Ganz spontan werde ich noch von zwei anderen (deutschen) Radlern fotografiert, die mir anschließend noch schnell das Foto schicken. Im Legoland musste man dafür immer 10,- € bezahlen... Anstatt der Landstraße 64 zu folgen wähle ich die etwas ebenere und weniger frequentierte Route über Farstad und Elnesvågen. Auf den frisch aspaltierten Straßen kann ich auf gerader Strecke mit leichten Rückwind die 30 halten und komme so im Eiltempo dem Höhenzug vor Molde immer näher. Auch an diesem Tag bleibt es mir nicht erspart nicht wenigstens einmal auf 250 Meter zu klettern, was mit Hinblick auf die höhenarme Altantikstrße allerdings sehr vertretbar ist.

Im Schein der frühen Abendsonne komme ich jedoch noch einmal ganz ordentlich ins Schwitzen, bevor ich den Kamm der Bergkette erreiche. Die restlichen zehn Kilometer in die Stadt sind schließlich ein absoluter Traum. Es geht bergab, während ringsum die teils schneebedeckten Berge immer größer werden und der Midfjord in der Ferne im goldenen Dunst liegt. Als vorläufiger Abschluss der Tour geht es für die kommende Nacht ins Scandic Hotel Seilet, welches ich bereits von einem früheren Besuch kenne. Dank eines Gutscheins komme ich zudem in den Genuss eines Zimmers mit Balkon und Blick auf den Fjord samt Bergpanorma. Es ist ein Abend den ich nie vergessen werde und auch wenn die Pizza sicherlich nicht die beste war, so war sie es in dieser Atmosphäre, nach diesem Tag und dieser Tour eben doch auf ihre Weise.

Bis dahin,

Kai

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