Schweden Landschaft

Mit dem Fahrrad durch Südschweden

Auf der zweiten (und dritten) Etappe dieser kurzen Fahrradtour wird das Equipment und meine Entscheidungsfähigkeit auf ihr Äußerstes geprüft. Zelt aufschlagen oder ins B&B, Weiterfahren oder Rasten? .

Schön aber unpraktisch

Geweckt durch Vogelgezwitscher und den ein oder anderen Schauer am frühen Morgen stehe ich um kurz vor 7.00 Uhr auf und frühstücke erstmal in Ruhe. Glücklicherweise haben sich die morgendlichen Regenschauer gelegt und so genieße ich beim Haferbrei mit Nüssen und Rosinen den Blick auf den ruhenden See im Morgendunst. Da ich noch am Abend alles in die Fischerhütte geräumt habe, mache ich mich nach dem Frühstück schnell daran Alles wieder zusammen zu räumen. Das dauert tatsächlich sein Zeit, da die Töpfe abgefüllt werden müssen, die Zähen geputzt und das Zelt abgebaut werden muss. Letzteres war zum Schlafen sehr angenehm, aber ist für Fahrradtouren leider nicht geeignet. Zu schwer, zu unflexibel und in der Handhabung auf Fahrradtouren nicht zu bewältigen. Findet man drei passende Bäume? Kann man es ordentlich aufräumen, wenn am Morgen der Boden nass ist (keine Wassersperre von unten)? Auf Roadtrips mit dem Auto stelle ich es mir da etwas leichter vor, wenn Zeit, Platz und Gewicht keine große Rolle spielen.

Nachdem alles wieder, wenn auch nass, verstaut ist und der Schlafsack wie durch ein Wunder im viel zu kleinen Sack verstaut ist, ziehe ich von Dannen.

Auf Sandwegen durch Schweden

Anfangs geht es erst den Schotterweg hoch zur eigentlichen Straße, die in dem Fall auch nur eine feste Sandpiste ist. Letztere sind im ländlichen Schweden durchaus (noch) sehr üblich und im Grunde auch gut zu befahren. Natürlich ist der Widerstand etwas höher und fordert so meine angespannten Oberschenkel gleich von der ersten Minute. Meine Hoffnung an einem Supermarkt den Morgen mit einer Zimtschnecke zu begehen verschwindet mit dem Übergang in der Vormittag. Auf dem vorerst südlichen Weg Richtung Borås und von dort aus weiter in Richtung Varberg, radle ich die ersten 50 Kilometer bis Borås durch fast unberührte Landschaft. Ein paar einsame Häuser und Höfe hier und da, aber sonst nichts als Wald, Wiesen und Felder. Inspiriert von der Freiheit denke ich mal tatsächlich an Nichts und genieße die ersten Sonnenstrahlen.

Dabei macht sich auf alle Fälle das selbstkreierte Kraftfutter, bestehen aus Rosinen, getrockneten Aprikosen, Erdnüssen und Schokoladentropen bezahlt, während ich das frischabgekochte Seewasser aus meiner Flashe trinke. Tatsächlich, sollte man mit dem Trinken von Seewasser in Schweden eher vorsichtig sein, da man nie weiß, was aus der allgegenwärtigen Forstwirtschaft so in den See geleitet wird - von biologisch begründeten Aspekten einmal abgesehen.

Zuflucht im B&B

Angekommen in Borås, welches im Winter sogar mit Loipen aufwarten kann, finde ich schließlich einen Bäcker, bei dem ich mich für ein nachmittägliches Picknick eindecke. Bevor es weitergeht verheißt der Wetterbericht für die Nacht und den Folgetag allerdings nichts Gutes. Es sind Gewitter und mehr als 50 mm Niederschlag ab dem Abend angekündigt. In weiser Voraussicht suche ich mir ein paar Bed&Breakfast Alternativen heraus, bevor ich meien Tour in Richtung Varberg fortsetze. Die Sonne scheint trügerisch, bis ich im kleinen Örtchen Kinna von meiner eigentlichen Rute abzweige und ein Bauernhof mit Café und Campingplatz für die Nacht ansteuere. Südlich des langgezogenen Sees Lyngern, erreiche ich schließlich nach gut 135 km am frühen Abend mein Tagesziel. Neben einer kleinen Fußballgolfanlage, gibt es wie auf einem Kinderferienhof zehn kleine Hütten, die allerdings alle unbewohnt sind.

Als einziger Gast gibt mir die Eignerin schnell die Schlüssel und für die Nacht mit Frühstück und einem kühlen Bier für den Abend bezahle ich 780 SEK. Nicht nur aufgrund des schmackhaften Biers zu den Nudeln und einem trockenen Schlafplatz lohnt sich dabei jede Krone.

Regen, Regen, Regen

Am nächsten Morgen werde ich von Regen geweckt, der gefühlt von allen Seiten gegen die Hütte prasselt. Da es das laut Wetterbericht und laut Autor auch den ganzen Tag weiter tun wird, mache ich mich in Ruhe fertig und gehe um kurz nach 10.00 Uhr zum Frühstück. Selbiges wird im Chokladhuset serviert und würde an anderen Orten bereits einen Großteil des Gesamtpreises einnehmen. Es gibt Obst, selbsggemachte Pralinen, Brownies und Knäckebrot, Croissants, Brötchen und diverse Beläge. Die Butter entdecke ich erst nachdem ich alles gegessen habe. Zu guter Letzt bekommt jeder noch eine Waffel - wahlweise mit Schoko oder Kardamomteig.

Unweigerlich geht es somit positiv gestimmt und gut gesättigt wieder auf's Rad. An diesem Tag allerdings nur bis Kungsbacka, weil bereits nach 20 Kilometern alles durchnässt ist und gerade einmal ein Fünftel absolviert ist. Da man Fahrräder im Regionalverkehr rund um Göteborg gratis mitnehmen kann, bezahle ich nur 34 SEK für das Ticket nach Göteborg und radle anschließend bei anhaltenden Regen auf altbekannten Wegen hinaus in den Schärengarten.

Für die große Radtour im Sommer muss ich wohl noch einmal umplanen. Wie gut, dass man es jetzt weiß und nicht erst wenn es zu spät ist.

Bis dahin,

Kai

 

P.S. Heute ist der norwegische Nationalfeiertag!

[Anm. d. A.: *Vorerst war der Fahrkartenpreis mit 340 SEK betitelt, wobei es sich eigentlich um 34 SEK handelte.

* Zudem heißt es in einer der Bildunterschriften ich koche meine Haferflocke. Tatsächlich waren es mehrere, was aufgrund der Komik des Satzes allerdings nicht verbessert wurde.]

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