Nach drei Tagen in der Heimat geht es für mich wieder zurück in die Heimat. Im Gegensatz zur Hinreise mit dem Zug durch Dänemark jedoch mit dem Fahrrad und der Stena Line von Kiel direkt nach Göteborg.
Zwischen 40 Tonnern und Impfzubringern
Da ich auf dem Rückweg nicht das Ziel verfolge so schnell wie möglich wieder in Göteborg zu sein, gerne aber so entspannt wie möglich, geht es am Montagabend über Nacht von Kiel nach Göteborg. Dabei trifft es entspannt leider auch mehr als gemütlich, da das Bordangebot auf ein absolutes Minimum heruntergeschraubt ist. Aber dazu später mehr. Am späten Nachmittag erreichen wir den Schwedenkai im Stadtzentrum von Kiel. Wie sich herausstellt hat man im eigentlichen Terminal der Stena Line ein Impfzentrum für Kiel und die nähere Umgebung eingerichtet. Da Parkplätze somit Mangelware sind, halten wir nur auf einem Firmenstellplatz und ich sattle bei Regen und gefühlten Minusgraden mein Fahrrad.
Bei nun einbrechender Dunkelheit und Nieselregen schiebe ich mein Fahrrad zum Check In vorbei an den wartenden 40 Tonnern. Gleichzeitig nicht von einem herannahenden Impfshuttle erwischt zu werden, lässt den Terminalvorplatz zu einer realen Version von Traffic Rush werden. Warten, über den Impfhighway, im Schatten der LKWs und Spurwechsel nach links auf einen Zebrastreifen der jäh im Zaun endet. Auch wenn eben jener tatächlich bis zur Heckklappe führen würde, so erreiche ich immerhin das Check In-Häuschen auf sicherem Wege.
Mit dem Fahrrad an Bord
Unter Vorlage des Auszugs aus dem schwedischen Melderegister verzichtet der Mitarbeiter beim Check In auf derzeitige Einreiseroutinen - Corona-Test, Belehrung zur Quarantäne und Reise-Anliegen. Somit erhalte ich unter Vorlage meines Personalausweises meine Bordkarten und werde von einer Einweiserin auf die Fähre begleitet. Scheinbar angestellt für den Seehafen Kiel darf sie allerdings das Schiff nicht betreten und übergibt mich zwei Maschinisten, die mir einen Platz am seitlichen Fußgängerweg zuweisen. Der Anblick meines Fahrrads auf dem zentralen Autodeck zwischen diversen LKWs sowie einigen wenigen PKWs und/oder Kleinbussen wirkt speziell. Kurz nach dem ich also das Fahrrad bepackt habe, wird alles wieder abgehängt und ich verzurre das Rad an einem Handlauf.
Von meinem Platz am Heck macht sich plötzlich auch die unglaubliche Länge der Stena Germanica bemerkbar. Von den knapp 240 Metern Gesamtlänge laufe ich ca. 100 Meter um den ersten Fahrstuhl zu erreichen. Angekommen auf Deck 8 liegt meine Kabine 8 502 noch einmal 100 Meter entfernt am Bug des Schiffes. Tatsächlich befindet sich die Kabine im ursprüglich(st)en Teil der Fähre, der nicht erst mit der Verlängerung und dem Ausbau des Bordangebotes hinzukam. Dementsprechend abgewohnt ist die Kabine nun nach mehr als 20 Jahren Einsatz im Ärmelkanal und in der Ostsee.
Semi-konsequenter Infektionsschutz
Wie bereits bei der Buchung angekündigt ist das große Buffetrestaurant geschlossen, so dass sich alles und alle im vorderen Café auf Deck 7 abspielt und treffen. Da die Schiffe der Stena Line ohnehin eher einfach bzw. "schiffig" sind, bleibt viel Zeit bei einer guten Portion Köttbullar das Abendbrot zu genießen und nebenbei etwas zu lesen. Zur Situation ist anzumerken, dass man sich Getränke weiterhin selbst zapft, an Bord generell keine Masken getragen werden müssen und auch das Abstand halten in engen Korridoren eher schwierig ist. Des Weiteren scheinen viele Passagiere im gleichen Teil des Schiffs untergebracht zu sein, was man nun praktisch oder unpraktisch finden kann.
Nach einer ruhigen Nacht gehe ich am nächsten Morgen zum Selbstbedienungsbedienungs-Buffet, wenn man diese Form der Ausgabe mit Selbstabholen so betiteln möchte. Als einer der Ersten finde ich einen schönen Platz hinter den großen Frontfenstern mit Blick auf die eher selten spiegelglatte See. Dabei ist die Auswahl trotzdem relativ gut und es gibt neben Havregurt unter anderem ein paar Brötchen und Pfannkuchen mit Honig. Zum Schluss bleibt noch zu erwähnen, dass die Einzigen, die die Corona-Reisebeschränkungen überhaupt kontrolliert haben, überaschenderweise die Schweden sind. Beim Ausschiffen wird tatsächlich jeder angehalten und bezüglich der Einreise befragt, Corona-Test geprüft und Personalien abgefragt. Da ich (zum Glück) in Schweden gemeldet bin, genügt der Polizistin eine schnelle Überprüfung meiner Personennummer. Bei strahlenden Sonnenschein radle ich die etwas mehr als 20 km wieder hinaus in den Schärengarten, den ich vor einer Stunde erst an Bord passiert habe.
Bis dahin,
Kai