Nichtselten ist der Blick aus dem Fenster ein Blick in die Zukunft. Man denkt nach, träumt und genießt die Ruhe und Atmosphäre des Augenblicks. An diesem milden Novemberwochenende mache ich mich nach getaner Arbeit auf den Weg nach Hönö, um dort den Nachmittag bei regionaler Küche zu genießen.
Da war doch was?
Ja da war und ist noch was, das uns seit geraumer Zeit begleitet und bisher auf diesem Blog eher wenig Erwähnung gefunden hat. Ohne allerdings explizit auf steigende Fallzahlen und oder ähnliches einzugehen, möchte ich an dieser Stelle vielmehr die schwedische Herangehensweise (versuchen zu) erklären. Wenn ich ehrlich bin beschäftigt mich Corona so viel, wie es auf diesem Blog Erwähnung findet: gelegentlich markant, aber oft beiläufig.
Der oft kritisierte schwedische Weg mit anhaltenden Freiheiten, wenigen Einschränkungen und seltenen Verboten wirkt faktisch nur augenscheinlich naiv oder gar fahrlässig. Während in dünn-besiedelten Gegenden ohnehin keine Probleme bestehen Abstände einzuhalten oder womöglich Infektionsketten nachzuvollziehen, so ist es in einer Großstadt wie Göteborg ähnlich kritisch, wie in vielen deutschen Städten. Während aber in Deutschland die Karte "Verbot" gespielt wird, geht man hier weniger einschränkend vor und plädiert an den gesunden Menschenverstand. Alles beruht auf der Bitte nur wenn nötig die Öffentlichkeit zu suchen und wenn dann Abstand-haltend und das funktioniert erstaunlich gut. Weiterhin möchte man aber die Gleichheit und -berechtigung aller Menschen wahren und Niemanden ausgrenzen, weil er als Gastronom oder Friseur nicht den nötigen Abstand einhalten kann. Das bedeutet aber nicht, dass hinter den Türen nicht mehr passiert und das ist der entscheidende Punkt. Jeder tut das was er kann und ein wenig mehr ohne auferlegten, nichtumsetzbaren Regeln folgen zu müssen. Wir sitzen in der Mittagspause zwei Meter auseinander, halten uns an Hygienerichtlinien und verzichten auf gemeinsame Aktivitäten andere verkaufen hinter Plastikscheiben oder vergeben Termine zum Betreten ihres Ladens usw.
Wer Freiheit genießt und Vertrauen verspürt wird eher bereit sein im Sinne aller zu handeln.
Im Zeichen der Kochkunst
Was macht man also an einem milden Novemberwochenende, wenn der Schärengarten ruht und wenig los ist? Entsprechend skandinavischer Gemütlichkeit macht man es sich natürlich gemütlich, bei gutem Essen, einem Film und nebenbei auch ein wenig Bewegung. Nach vollendeter Arbeit mache ich mich Samstagvormittag auf den Weg nach Hönö der Nachbarinsel südlich von Öckerö, um dort im Restaurant Tullhuset Mittag zu essen. Auf kleinen Trampelpfaden geht es durch den Schärengarten auf Öckerö und durch die merklich dichter besiedelte Insel Hönö in Richtung "Zentrum" Hönö Klåva. Neben einigen weiteren Restaurants an der Hafenkante liegt das Tullhuset am äußeren Ende mit freiem Blick auf's Meer. Neben zahlreichen Veranstaltungen, Vorträgen gibt es hier klassisch maritimes Essen und immer einen passenden Wein aus aller Herren Ländern.
In meinem Fall schlägt das Mittagsangebot Halstrad Lax mit Gemüse vor. Während draußen die Sonne scheint, sitze ich hinter dem bodentiefen Fenster und genieße den Blick auf das angrenzende Meer. Soweit es die schmutzigen Fenster zulassen. Der Lachs ist phänomenal, wobei mir erst nun klar wird, dass Halstrad wohl gegrillt bedeuten muss - welche ungewöhnliches Wort...
Zufall wie so oft
Es ist insgesamt nicht viel los und so rede ich nach dem Essen noch ein wenig mit dem Kellner. Es stellt sich heraus, dass sein Sohn gerade vor einigen unlösbaren, mathematischen Herausforderungen steht und aufgrund der Distanzlehre auch nur wenig Chance hat diese schnell zu lösen. Dankbar für jede Integration in die örtliche Inselgemeinde und stets bereit für jedwede Mathematik biete ich meine Hilfe an. Es ist doch immer wieder überraschend, was der Zufall so mit sich bringt. Obendrein wird dieser Besuch nicht mein letzter gewesen sein und so mache ich mich glücklich und gut gesättigt auf den Weg nach Hause.
Auf dem Rückweg kaufe ich noch schnell für die kommende Woche ein und erfreue mich der bereits fröhlich leuchtenden Weihnachtsdeko im frühabendlichen Licht. Zum Abschluss dieses herrlichen Samstags git es selbstgemachte Gnocchi mit angeschmorten Zucchinistreifen und einer frischen Zitronenvinaigrette. Nach drei Jahren Studium habe ich dieses Gericht nahezu perfektioniert und kann das Nachmachen nur empfehlen. Die Zubereitung hört sich auch aufwendiger anm als sie praktisch ist. Lediglich die Küche muss grundgereinigt werden. Hier einige Tipps zur Zubereitung:
- Für die Gnocchi: Vier Kartoffeln kochen, abkühlen lassen, reiben, würzen und mit einem Ei und genug Mehl zu einem Teig verkneten. Er sollte geradeso nicht mehr an der Arbeitsplatte haften. Teig daumendick planieren, kleine Kissen abtrennen und so lange kochen bis das archimedisch Prinzip anschlägt. Kurz abtrocknen lassen und dann in Mehl wenden und anschließend anbraten.
- Für die Gemüsebeilage: In Streifen schneiden und anbraten. Anschließend mit Zitronensaft und Öl beträufeln, würzen und am Ende in die heiße Pfanne mit den Gnocchis geben.
- Servieren: Gerne mit Rucola, frischen Cherrytomaten und Parmesan, aber nur auf dem Teller. Keinesfalls mit in die Pfanne!
In diesem Sinne bis nächste Woche!
Kai