Krabben Göteborg

Geschichten aus dem Schärengarten

Dieser Artikel wird zwar nicht tagesaktuell sein, aber er vereinigt all' die schönen, überraschenden und lustigen Erlebnisse der letzten Wochen. Dabei ist der Titel schon fast etwas irreführend gewählt, da nicht alle Erlebnisse wirklich hier stattgefunden haben, aber wir wollen mal nichts so sein.

Unverhofftes Abendessen

Um die Zeit nach der Arbeit einigermaßen sinnvoll zu nutzen, habe ich das Abendbrot kurzer Hand auf direkt nach der Rückkehr vorverlegt. Das System bewährt sich die letzten Wochen bereits sehr gut, auch wenn ich für deutsche Verhältnisse um 17.30 Uhr relativ früh esse, so passt es doch in die landestypische Routine. Ähnlich wie damals in Norwegen wird auch hier zusammen gegessen, wenn alle wieder zu Hause sind und später am Abend folgt lediglich eine kleine Mahlzeit. Dabei liegt klein immer Sinne des Betrachters und hängt auch stark davon ab, wo man lebt oder was man noch so vor hat.

Obendrein schaffe ich es so nach dem Essen noch einen Spaziergang am Meer zu machen, was wenn auch stets im Dunkeln immer sehr erfrischend ist. Umso überraschender kam der Besuch meines Vermieters eines Abends. In der Hand ein Tablett mit einem kühlen Bier, dem lokalen Hönökaka, Aioli und einer großen Küchenschüssel voller "Kaisergranaten". [Anmerkung: Der deutsche Name dieser Delikatesse wirkt derart aus dem Zusammenhang gerissen, dass ich fortan den norwegischen Namen Sjøkreps (ww. Meereskrebs ) verwenden werde.] Vor wenigen Stunden gefangen direkt in den heimischen Kochtopf und nun war noch so viel übrig, dass sie mir diese Delikatesse nicht vorenthalten wollten. Es folgt eine kurze Einführung zum Essen der Schalentirechen. Mit einer schnellen Längsrotation löst mein Vermieter Korpus von Vorderteil, saugt die Kopfsektion kurz aus, presst und überbiegt das Hinterteil und löst das enthaltene Muskelfleisch. Simpel. Scheinbar. Ich mühe mich ein wenig, das Muskelfleisch ähnlich elegant heraus zu lösen, es schmeckt aber trotzdem sehr gut. Wenngleich ich nicht alles schaffe und einen Teil am Ende einfrieren muss.

Phänomen Zweiradgangs

Dass ich meine Haustür nie abschließe hat offensichtlich den Vorteil, dass ich auch nie den Schlüssel vergessen kann. Eine elementare Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man in einer ruhigen und sicheren Umgebung lebt. Trotzdem dies augenscheinlich und erfahrungsgemäß für Öckerö zutrifft, so gibt es doch eine örtliche Besonderheit. Die oft breiten, gut ausgebauten und zumeist leergefegten Straßen sowie die kleinen Pfad sind zu jeder Tages und Nachtzeit das Revier der örtlichen Moped-, Roller- und Motorcross-Jugend.

Markant sind nicht nur die umfangreich angebrachten Schilder zum Fahrverbot auf Wanderwegen. Ebenso verräterisch ist der eingebrannte Reifenabrieb auf diversen Straßen als Überbleibsel von Beschleunigungstest sowie Drift und Stunt-Fahrten. Die breite Straße vor meiner Haustür ist ein Eldorado für abendliche Testfahrten. Auch wenn ich oft nur den Rollermotor am absoluten Limit seiner Leistungsfähigkeit höre, so bin ich diesem Phänomen auch schon in freier Wildbahn auf einem meiner abendlichen Spaziergänge begegnet. Ein Anblick für die Götter. Vorweg ein Roller, das Motorengeräusch kurz vorm Eintritt den hochfrequenten Bereich, der Fahrer wie eine gespannte Feder, z-förmig hinter dem Rollervisier verharrend. Es folgt ein alter, tiefergelegter Volvo, der Bass wummert im diffus-erleuchteten Innenraum und mit dem Ellbogen im Fensterrahmen zieht der Trupp hinterher. Am Ende der Straße wird gedreht getauscht und das Schauspiel beginnt von vorn.

Brot, Belag und Fragen über Fragen

Trotz dieser lokalen Besonderheit geht es hier insgesamt natürlich sehr beschaulich zu und das nicht zuletzt, wenn man die örtlichen Bäckereien oder Konditoreien betritt. In meiner Inselbäckerei habe ich mittlerweile fast alle Brot einmal und auch einige der Kranzvariation durchprobiert. Die Brote unterscheiden isch dabei maßgeblich durch ihre Luftigkeit und leichte Süße von ihren deutschen Gegenstücken. Besonders interessant war allerdings die dänische Schwarzbrot-Kreation meines Inselbäckers. Ein Brot Schwarz wie die Nacht, kompakt aber elastisch deformierbar und merklich süß. Vergleichbar mit dem deutschen Pumpernickel, wobei es fraglich ist ob Rübensirup alleine eine derart dunkle Färbung erzielen kann. Insgesamt schmeckt es trotzdem prima mit kalter, gesalzener Butter oder Honig, aber als Basis für das Salamibrot auf der Arbeit etwas irritierend.

Für ein paar Tage ersetze ich also Salami durch Honig und das Problem ist gelöst. In der Mittagspause spreche ich mit einer Kollegin, die nun irritiert fragt, was auf meinem Brot wäre. Die Antwort Honig überrascht sie und es scheint (auch nach den letzten Hotelbesuchen) nicht üblich zu sein Honig auf dem Brot zu essen. Vielleicht eine lokale Besonderheit, aber faktisch war ich auch in Norwegen immer der Einzige in der Familie der Honig gegessen hat bzw. für den der Honig überhaupt gekauft wurde. Insgesamt sehr verwunderlich da die Auswahl an Honig, auch aus dem eignen Land und nicht EU-NichtEU-Honig, im Supermarkt sehr gut ist.

Freitage und die goldene Stunde

Abschließend ein kurzer und zugleich aktueller Kommentar zu Freitagen, die ich im Gegensatz zu vielen anderen im Büro verbringe und das erstaunlich gerne. Einerseits arbeitet man dem Wochenende entgegen, es ist leerer in den Bussen und nach Feierabend noch gemütlich durch die Stadt zu schlendern ist immer ein Highlight. Es ist bereits 15.00 Uhr als ich vorgestern auf die Uhr schaue. Bis dahin ist nur eine Person an meinem offenen Arbeitsplatz vorbeigelaufen und auch sonst habe ich den ganzen Tag nur mit einer anderen Kollegin gesprochen. Das Institut ist nahezu leergefegt, was mitunter natürlich auch durch die fortwährende HomeOffice-Regelung beding ist.

Im Anschluss an die Arbeit sprinte ich einmal nicht zum Bus, sondern spaziere entspannt zu einem örtlichen Café, esse einen Boller oder Ähnliches. Währenddessen fällt das letzte Sonnenlicht bereits in die engen Gassen der Altstadt und ich nutze diese absolut Qualitätszeit für pure Entspannung.

Bis kommende Woche!

Kai

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