





Erschlagen von allen Eindrücken und der überraschend lebendigen Atmosphäre, die man aus Deutschland nicht mehr gewohnt ist, schlafe ich am Abend schnell ein. Den heutigen Tag habe ich wohlwissentlich für diverse bürokratische Angelegenheiten freigehalten. Nebenbei spaziere ich ein wenig durch die Stadt und treffe mich ein erstes Mal in Wirklichkeit mit meinem Betreuer am Institut.
Blaubeersaft
Bei meiner Ankunft gestern Abend konnte ich die Dimensionen des Hotels nur erahnen. Wenngleich es lange nicht ausgelastet ist, so möchte ich nicht wissen, wie es hier zugeht, wenn es wirklich voll ist. Aber auch unter vergleichsweise lockeren, schwedischen Corona-Regelungen kann man im leeren Frühstücksaal den Mindestabstand mehr als einhalten. Die Auswahl ist gut wenn auch weit verstreut im Fußballfeld-großen Restaurant zu finden. Oder eben auch nicht, wenn es im Abseits steht. Neben Klassikern wie Pfannkuchen und Blaubeermuffins, gibt es aber eher wenige schwedische Highlights auf dem Buffett. Die einzige Überraschung ist reiner Blaubeersaft, etwas zähflüssig und relativ süß, wenn man sonst nur Wasser und Kaffee gewöhnt ist.
10 Minuten und 2 Monate
Bevor ich gut gesättigt den Weg zum Skatteverket antrete, um mich offiziell in Schweden zu melden, prüfe ich noch schnell den Blog. Nach drei Jahren Inaktivität läuft zwar noch alles, aber aus unerfindlichen Gründen werden Titelbilder nicht angezeigt. Das Problem ist mittlerweile identifiziert, aber vorerst als unlösbar eingestuft. Unbefriedigend für eine Mathematiker, aber was soll’s.
Mit etwas Verspätung mache ich mich somit auf den Weg zur Meldestelle. Einkalkuliert habe ich ungefähr eine Stunde und ich addiere nochmal 20 Minuten drauf, als ich die Schlange vor dem Eingang sehe. Überrascht werde ich allerdings als um Punkt 10.00 Uhr die Türverriegelung öffnet. Ein Wachmann sperrt bereits draußen Warteschlangen ab, mehrere Mitarbeiter sortieren Personen nach Anliegen. Ich rücke von Platz 27 vor auf Platz 1 in der Warteschlange für Meldeangelegenheiten. Schlussendlich komme ich mir vor wie im Apple Store. Ein Mitarbeiter holt mich ab, wir besprechen an einem Stehtisch mein Anliegen, er kopiert die Dokumente und reicht meinen Antrag ein. Der Rest kommt per Post. Kein Nummer-Ziehen, kein Warten in langen Trakten mit Nadelfließ an Boden, Decke und Wand, kein fehlender Passierschein; nichts.
Völlig überwältigt von einer derart schnellen Bearbeitung frage ich nur noch, wann ich mit dem Objekt der Begierde, der Personennummer, rechnen kann. Die Antwort von ungefähr zwei Monaten trübt allerdings, den Tatendrang der Mitarbeiter vor Ort etwas. Nicht zuletzt erleichtert die Personennummer das Leben vor Ort erheblich, wenn es sich um vertragliche Angelegenheiten handelt - Konto, Mobilfunkvertrag, Steuern, Monatskarten, usw.
Ein Blick in die Zukunft
Als ich nach zehn Minuten die Meldestelle wieder verlasse, bleiben mir noch gut anderthalb Stunden bis zum Treffen mit meinem Betreuer. Auch wenn ich vorerst nicht in die Örtlichkeiten des Institutes darf, haben wir ein Treffen anberaumt, um uns endlich einmal kennenzulernen. Bis dahin spaziere ich in einem großen Bogen durch die Innenstadt und erreiche den Chalmers-Science Park fast pünktlich.
Wir unterhalten uns anfänglich auf Norwegisch (ich) Schwedisch (er), wechseln nach einer Weile aber auf Englisch, da ich Mühe habe nach drei Jahren Pause auch noch über Mathematik zu reden. Man muss es ja nicht gleich übertreiben und gerade solche Details sind manchmal schon auf Deutsch schwierig zu (er-)klären. Ebenso gut zu wissen, dass auch die Englischkenntnisse nicht eingerostet sind.
Wie sich herausstellt, werde ich nun aber wohl doch hauptsächlich vor Ort arbeiten, was mir im Grunde aber freigestellt ist. Meint: Alles was nicht notwendigerweise vor Ort gemacht werden muss, kann ich auch von zu Hause machen. So bleiben uns langwierige Videomeetings erspart, ich habe mein eigenes Büro und wenn ich will, lese ich die Literatur zu Hause auf dem Sofa. Ich bin gespannt und freue mich wahnsinnig auf die kommenden Wochen.
Aktives Abendprogramm
Nach meiner Rückkehr vom Campus nutze ich den restlichen Nachmittag für eine Laufrunde im nahen Naturschutzgebiet Delsjö. Auf kleinen Sandwegen geht es auf und ab durch das stadtnahe Walgebiet bis ich das Ufer des namensgebenden Delsjö erreiche. Überraschenderweise ist im Naturschutzgebiet ein Golfplatz angesiedelt, so dass anstatt vor tieffliegenden Greifvögeln vor schlagkräftigen Golfbällen gewarnt wird. Welche faszinierende Symbiose von Mensch und Natur.
Bis morgen,
Kai
[…] finanzielle Mittel vorlegen. Während ich den Antrag offiziell im Skatteverket eingereicht habe (ich berichtete), lief die restliche Abstimmung sehr komfortabel über E-Mail. Nahezu zeitgleich mit dem […]