





Nach drei Nächten im B&B Östernäsgården heißt es, nach einem längeren Samstagsfrühstück, Abschied nehmen von einfacher Gemütlichkeit und Jugendherbergsstil. Am späten Abend geht es dann mit der Fähre weiter in die finnische Hauptstadt Helsinki.
Segeltraining in Mariehamn
An sich habe ich in den letzten drei Tagen bereits alles gemacht, was man ohne Auto und großen Aufwand im Umkreis von Mariehamn machen kann - Spazieren gehen, Rad fahren und durch die Stadt bummeln. Da heute wieder gutes Wetter ist, spaziere ich noch einmal durch die Innenstadt und suche mir am Nachmittag einen diesmal ruhigen und sonnigen Platz am Hafen, um das An- und Ablegen der der Turku-Fähren zu beobachten. Auf dem Weg zum Hafen schaue ich nochmal bei dem örtlichen Bäcker vorbei und nehme mir dort eine Zimtschnecke für etwas mehr Gemütlichkeit mit.
Während erst die Amorella aus Turku einläuft und danach die wesentlich modernere Viking Grace trainiert der örtliche Segelclub sehr tüchtig im Hafenbecken. Aufstellen an der Startlinie, gegen den Wind kreuzen, manövrieren auf engen Raum, usw. Die Nachwuchs Segler in ihren Optis werden auf alle Fälle ordentlich gefordert an diesem schönen Samstag mit konstanten vier Windstärken. Natürlich wäre ein Regattatraining nichts ohne Trillerpfeife, Presslufthorn und Kommandos, die je nach Situation und Wind bis an Land zu hören sind. Nebenbei gerät das eigentlich An- und Ablegen fast zur Nebensache, da ich aufmerksam das Feld beobachte und an meine eigene Segelzeit denke. Gesegelt und segeln tue ich dabei ausgesprochen gerne - es ist anstrengend, fordernd und erwartet vollste Konzetration bei ständig verschiedenen Situation. Allerdings war ich nie der Fan von Regattatraining, sondern bin lieber freizeitlich gesegelt.
Die Grenzen der norwegischen Ruhe
In den letzten zehn Monaten in Norwegen habe ich nicht nur die Sprache gelernt, sondern auch viele Dinge entspannter zu sehen, das nicht alles perfekt sein muss und mit einer grundsätzlichen Gelassenheit Probleme anzugehen. Als ich allerdings am heutigen Abend in der Pizzeria vom ersten Tag essen gehe, treffe ich auf eine Gruppe älterer Leute, die vor mir bestellen. Ich halte es generell in der Gesellschaft für ausgesprochen wichtig, sich auf Augenhöhe zu begegnen - ob jung oder alt. Ebenso ist es natürlich selbstverständlich, dass man auf sich gegenseitig Rücksicht nimmt. Dauert das Treppensteigen zum Flugzeug länger ist es so; wir kommen ja alle mit.
Sofern aber ältere Leute im Verhalten zu anderen Mitmenschen beginnen, sich aufgrund ihres Alters sämtlicher Vorteile und Privilegien zu bedienen, kann man nicht mehr von einer fairen Solidargemeinschaft sprechen. Trotzdem man älter ist, kann man sich in einer Schlange aufstellen und sich respektvoll verhalten. Dabei werde ich fuchsig, wenn sich immer noch und noch einer vordrängelt: immer die gleichen Fragen, außergewöhnlich Sonderwünsche und wann die Pizza mit der gewünschten Kombination am wenigsten kostet. Ich koche innerlich. Allerdings schmeckt die Pizza am Ende wieder gut.
Alleine im Terminal
Gegen 19.30 Uhr mache ich mich schließlich auf den Weg zur Unterkunft, um dort mein Gepäck zu holen und um alles zum Terminal zu schleppen. Als ich etwas eine Stunde später den Fährhafen erreiche, stelle ich allerdings fest, dass das Terminal erst um 22.30 Uhr öffnet. Somit setze ich mich auf eine Parkbank im Sonnenuntergang, wo ich zudem noch das Internet von Viking Line nutzen kann.
Ein paar Stunden später öffnet schließlich das Terminal und mir bleiben noch etwas weniger als zwei Stunden bis zur Abfahrt. Glücklicherweise gibt es Gepäckkulis, wo ich mein gesamtes Gepäck drauf verstauen kann. Allerdings ist der Aufzug zur Gangway kaputt. Der nette Viking Line-Mitarbeiter leitet mich dann allerdings durch die Geschäftsstelle und weiterer Bürogänge, bis wir einen zweiten Aufzug finden. Dort wünscht er mir eine gute Reise und sagt, ich solle einfach in der Gangway auf das Boarding warten. Als ich im zweiten Stock aussteige ist noch alles dunkel und ich stehe alleine in einer verlassenen Gangway, da die restliche Gäste in der Wartehalle warten. Bis die hell-erleuchtete Fähre kommt hat es einen gewissen Endzeitcharakter - alles verlassen, dunkel und ein paar Notausgang-Schilder flimmern vor sich hin.
Letztendlich komme ich nach drei Aussteigenden als aller, aller Erster an Bord und in meine Kabine, die für die Nacht wieder unterhalb der Wasseroberfläche auf Deck 2 liegt.
Kai