Spirit Halvmaraton
Nun ist es also soweit, mein erster Halbmarathon steht mir bevor. Nach knapp eineinhalb Monaten Training fühle ich mich einigermaßen gut vorbereitet für diese Herausforderungen und mein Ziel: unter zwei Stunden.
Die Nacht habe ich bei einer Bekannten in Stavanger verbracht und so spare ich mir die langwierige Anreise mit dem Schiff und dem Bus zum Stavanger Flughafen. Als ich so nach einer gemütlichen Nacht aufwache, liegt draußen Schnee und es sind -2 ° Celsius. Es herrschen also perfekte Voraussetzungen für einen Winter-Halbmarathon. Nach einem entspannten Frühstück – es gibt Knäckebrot mit Marmelade – geht es dann bereits in die Vorbereitungsphase.
Kurze Hose, T-Shirt?
Was zieht man also bei einem Winter-Halbmarathon an und wenn ja wie oft übereinander. Vorsichtshalber habe ich gestern eine kurze Hose und ein T-Shirt eingepackt – man weiß ja nie, aber dafür ist es heute selbst mir zu kalt. Schlussendlich entscheide ich mich für meine lange Laufhose, ein langes Sportshirt und eine Windcheaterjacke. Wie sich letztlich herausstellt, ist dies eine gute Wahl. Es muss allerdings noch erwähnt werden, dass es durchaus einige, abgehärtete Läufer gibt, die auch an diesem Tag in kurzer Montur antreten.
Nach einer 20-minütigen Autofahrt kommen wir am Sola Strandhotel an, wo sich das Ziel des Lauf’s befindet. Aus bautechnischen Gründen musste die Strecke etwas umgelegt werden und so starten wir in 500 Meter Entfernung auf einem Hügel überhalb des Hotels am Strand. Dabei ist es ein bisschen unangenehm startfertig und in dünner Bekleidung zum Startpunkt zu Laufen und dort bei -2° Celsius auf den Startschuss zu warten. Aber es ist nunmal ein Winterhalbmarathon. Fälschlicherweise haben sich auch einige der 10km-Läufer an unserem Startpunkt eingefunden. Dieser Lauf startet allerdings, fast zeitgleich, unten am Hotel.
3, 2, 1 – Rutsch!
Um 12.10 Uhr geht es schließlich für uns los, wobei die erste Hürde nicht lange auf sich warten lässt. Die paar Höhenmeter die wir vom Hotel zum Startpunkt zurückgelegt haben, geht es sofort wieder runter. Wäre die Straße nicht völlig vereist gewesen, hätte man so noch einen zusätzlichen Startboost bekommen. Also Rutschen und Schliddern wir die ersten Meter hinab. Einige Wenige haben sich mobile Spikes unter die Schuhe geschnallt, was an solchen Stellen sicherlich hilfreich ist.
Von meinem Platz in einer der vordersten Reihen komme ich gut los und erreiche auf ebenen Gelände das fünf Kilometer Schild nach gut 20 Minuten. Der erste Teil des Laufs führt entlang von Bauernhöfen mal links mal rechts und größtenteils windgeschützt landeinwärts in Richtung Flughafen. Nach lockeren zehn Kilometern in 50 Minuten erreiche ich das Ende der Landebahn. Von nun an geht es vorbei am Terminal in Richtung Strand zum Ende der zweiten Landebahn. Dort drehen wir laufen wieder zurück zum anderen Ende der Startbahn und wenden dort ein letztes Mal, um die letzten fünf Kilometer zum Hotel zurückzuführen laufen.
Wie anfangs erwähnt musste die Strecke wegen Bauarbeiten am Flugahfen etwas angepasst werden und so laufe ich mit einigen anderen nich durch den Fußgängertunnel, wie es eigentlich angedacht, aber schlecht ausgeschildert ist. Nach einigen Metern auf der falschen Straßenseite hört der Fußweg auf und wir entdecken auf der anderen Seite die Wegweiser mit ihren gelb-orangenen Fahnen. So improvisieren wir und laufen kurzer Hand durch den Kreisverkehr und springen über einen Graben, der uns vom richtigen Weg trennt. Wie gut das ich Crosslauf-Erfahrugn habe…
Eiskaltes Wasser
In leider etwas unregelmäßigen Abständen komme ich während des Laufs an vier Trinkstationen vorbei. Zur Auswahl stehen Wasser und ein Sportsdrink. Bei der ersten Trinkstation greife ich voller Elan noch etwas zu beherzt nach dem Plastikbecher – ich zerquetsche ihn. Grundsätzlich ist es ja sehr vorteilhaft, wenn man sein Wasser nicht selbst mitnehmen muss, allerdings ist das Wasser an den Trinkstationen kurz vor dem Gefrierpunkt. Und so überlege ich es mir jedes Mal, aber ganz ohne Wasser geht es auch nicht.
Als ich etwas fertig, aber wieder mit leichter Motivation an der 18km-Marke vorbei komme, überholt mich noch eine blind Läuferin mit ihrem Begleiter – ich bin beeindruckt! So fasse ich nochmal alle meine Energiereserven zusammen und gebe auf den letzten drei Kilometern nochmals (Gas) bzw. ATP… Kurz vor dem Ziel sprinte ich schließlich an einem weiteren Läufer vorbei, der sich allerdings auf den Schlusssprint einlässt und so rennen wir beide in die Einfahrt des Hotels und durch das Ziel. Und wenn sie nicht gestorben sind…
, dann essen sie noch heute
Nach diesem doch sehr intensiven Schlusssprint, wobei ich mich dem letzten Konkurrenten geschlagen geben musste, bekomme ich von zwei Mädchen in meinem Alter meine Medaille und eine RedBull-Dose. „Gratulerer! Så flink du er!“ Ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan von Energydrinks und habe bisher noch nie einen getrunken, aber jetzt tut er gut und ist angebracht. Mit wiederkehrender Energie schleppe ich mich in die Konferenzräume des Hotels, wo Kuchen, Suppe, Kaffee und sonstige Getränke bereitstehen.
Während ich der Siegerehrung lausche und meinen Energievorrat mit Suppe und Kuchen auffülle, bemerke ich, dass ich gar nicht meine Zeit gestoppt habe. So erfahre ich an einem Infotisch, dass ich mein Ziel unter zwei Stunden mit 1:53:56 vollens erfüllt habe. So gönne ich mir noch ein kleines Stück Schokokuchen und ruhe mich auf meinem Erfolg aus.
Liebe Grüße
Kai