Wanderung Preikestolen
Auf Grund der Tatsache, dass ich es letzte Woche nahezu „versprochen“ habe, geht es heute am Sonntag, dem ersten sonnigen und trockenen Tag seit einer Woche, auf Norwegens berühmtes Felsplateau. Der Ausgangspunkt der Wanderung zum Preikestolen liegt etwas zehn Kilometer entfernt von Jørpeland im Fjell. Da der Andrang zu Norwegens Top-Attraktion vor allem im Sommer sehr groß ist, hat man dieses Jahr begonnen die Serpentinenstraße zu verbreitern, um sie für die zahlreichen Shuttlebusse zugänglicher zu machen. Glücklicherweise bin ich nicht von den Bussen abhängig, da ich von meinen Gasteltern „geshuttelt“ werde.
Um genau 13.00 Uhr beginne ich den Aufstieg vom Parkplatz der Jugendherberge, der mit einer Länge von vier Kilometern und ca. 350 Höhenmetern ungefähr eineinhalb Stunden dauern soll. Da es wortwörtlichen einen richtigen Weg gibt und das Wetter sehr gut ist brauche ich allerdings nur gut eine Stunde. Zahlreiche Male versuche ich langsamer zu gehen und erwische mich einige Minuten später, wie ich den nächsten überhole. Sofern man alleine unterwegs ist und einen der sportliche Ehrgeiz packt, ist es unmöglich langsam zu gehen.
„Rauf rauf rauf immer schön die Treppe rauf!“
Da es allerdings Sonntag ist und seit Tagen das erste Mal wieder die Sonne scheint, bin ich nicht der einzige Wanderer. Somit wird mein Tempo auf zunehmend unwegsamen, schmalen und steil ansteigenden Steintreppen gedrosselt. Auf dem Weg begegne ich auch den einzigen Zäunen des heutigen Tages, die einen davor bewahren einen kleinen Abhang hinabzustürzen. Den Weg zu verlieren oder ihn nicht zu finden ist nahezu unmöglich, da er in 50 Meter-Abständen mit Wegweisern gesäumt ist.
Nach einer Stunde komme ich letztlich an der vier Meter breiten Felskante an, die direkt überhalb des Lysefjords verläuft und mich vom bereits zu sehenden Preikestolen trennt. Bevor ich meinen Aufstieg fortsetze und die letzten 100 Meter zum Plateau hinaufsteige, setze ich mich ein erstes Mal direkt an die Kante. Langsam beuge ich mich vorne über und schaue auf meine Füße, wobei man allerdings schnell das Gefühl für Höhe verliert. An dieser Stelle habe ich zu dem noch Fjordböschung unter mir, die auf Grund des Überhangs des Preikestolens dort nicht zu sehen ist.
Preikestolen
Nach ein paar Minuten des Verweilen gehe ich die letzen Meter zum Preikestolen hinauf, der zu fortgeschrittenen Nachmittagszeit sehr gut besucht ist. Es ist nahezu jede Altersgruppe vertreten: Kinder mit ihren Eltern, leichtisinnige Jugendgruppen, unerfahrene Touristen und rüstige Rentner mit Gehstock (!). So sitze, stehe und liege ich eine ganze Zeit lang an der Kante – 604 Meter über dem Lysefjord. Der Preikestolen und die nähere Umgebung sind selbstverständlich Zaun- und Absperrungsfrei, was in der unfallfreien Geschichte des Preikestolens aber auch noch nie von Nöten gewesen wäre.
Nachdem ich ein paar schöne Fotos von mir an der Kante habe, mache ich es den andern gleich und entspanne bei einem Picknick auf dem Plateau. Währenddessen schaue ich den Flugzeugen zu, deren Einflugschneise am heutigen Tag überhalb des Preikestolens verläuft. Nach einer Stunde Entspannung setze ich meine Wanderung fort. Bevor es allerdings wieder hinab geht, mache ich einen kleinen Abstecher, um mir den Preikestolen von oben anzugucken. So steige ich noch einmal ein paar Meter bergauf und schaue mir das Treiben auf dem Preikestolen von dem angrenzenden Plateau an.
Rüstige Rentner
Erst wenn man die schräg abfallende Kante sieht und die Menschen, die unmittelbar an der Kante sitzen, bekommt man ein Gefühl für die Höhe. Wenn man an der Kante sitzt, hüpft, liegt oder steht ist einem das nicht vollständig bewusst. Im Anschluss trete ich um kurz vor drei den Abstieg an. Auf dem zum Teil nun sehr schattigen Weg bin ich froh eine Jacke mit zu haben. Bewundernswert ist eine sehr rüstige Rentnerin, die sich mit zwei Wanderstöcken die Treppe heruntertastet. Sie wird zwar dreimal so lange brauchen, wie alle anderen, aber das ist ja egal.
Als ich nach insgesamt fünfeinhalb Stunden wieder am Parkplatz und der Jugendherberge ankomme, entschließe ich mich den heutigen Tag mit einer Waffel zu beenden. In dem sehr modernen Empfangsgebäude können unvorbereitete Wanderer alles für ihren Aufstieg kaufen. Zu dem kann man nach der Tour den Tag in gemütlicher Atmosphäre und mit einem schönen Ausblick beenden.
Bis dahin
Kai
Wow, die Aussicht ist ja mal der Hammer!!!
Das mit dem sportlichen Ehrgeiz kann ich nur bestätigen, bergauf kann man einfach nicht langsam gehen 😀
Hast du zur Feier des Tages ein kleines Deutschlandfähnchen auf dem Preikestolen platziert, oder deiner Familie die Hymne vorgeschmettert?
Viele Grüße!
Thorgny
PS: „geshuttelt“ ist ein toller Neologismus 😉
Moin Thorgny,
so ist es! Meinen Einheitstag habe ich sehr unspektakulär-entspannt verbracht: ein bisschen Arbeiten und Aufräumen, mit den Katzen kuscheln, Reisen recherchieren und Musik hören. Wobei unseren Top-Politkern eine unspektakulär-entspannte Feierlichkeit in Dresden wohl wesentlich lieber gewesen wäre…
Bis dahin
Kai
Sehr cool! Weißt du ob das Plateu natürlichen Ursprungs ist? Sieht so „menschlich“ aus.
LG, Max
Moin Max,
ja das Plateau ist natürlichen Ursprungs. Die Entstehung lässt sich auf eine der letzten Eiszeiten in Nordeuropa zurückführen. Auf den Bildern, die den Preikestolen von oben zeigen, siehst Du eine große Spalte, die quer über den Preikestolen verläuft. Vor ein paar Jahrzehnten hat sich in solchen Spalten Wasser angesammelt, welches gefroren ist und letztlich durch seine Ausdehnung, beim Wechsel von flüssig zu fest, den Fels gesprengt hat. Durch Zufall ist so diese einzigartige Felsformation entstanden.
Über den Fortbestand des Plateaus kann man sich bezüglich der großen Spalte Gedanken machen, braucht man aber nicht. 😉
Gruß
Kai
Hallö Kai,
hier noch ein paar liebe Geburtstagsgrüße an Dich. Dein Tag scheint ja sehr nett gewesen zu sein. Ich hoffe, Du hast weiterhin noch eine schöne Zeit in Norwegen. Liebe Grüße Renate, Carsten u. Fabi (man nennt ihn auch den „Schreibfaulen“) natürlich auch.
Moin alle zusammen!
Vielen Dank für die Grüße und Glückwünsche aus der Heimat. Unabhängig von der Länge oder sonstigen Kriterien freue ich mich aber immer über jeden Kommentar! 😉
Bis dahin
Kai