Wanderung zum Tunglandsfjell
Wieder einmal ist Sonntag und zudem ist es bereits der dritte hier in Jørpeland. Nachdem an den ersten beiden Tagen nach der Ankunft eher schlechtes bzw. herbstliches Wetter war, herrscht seitdem nahezu durchgehend gutes Spätsommerwetter. Für dieses Wochenende bzw. diesen Sonntag habe ich mir vorgenommen eine kleine Tour ins Fjell zu machen, sofern das gute Wetter anhält.
Nach einem Gewitter in der Nacht scheint am Sonntagmorgen die Sonne und so suche ich mir das „Tunglandsfjell“ als heutiges Ziel aus. Das „Fjell“ bzw. der Berg liegt direkt am südöstlichen Ende der Stadt und ist mit 388 Metern über dem Meeresspiegel ein sehr guter Aussichtspunkt für einen Rundblick über die Fjorde, Jørpeland, das restliche Hinterland und das entfernte Stavanger. Mit einer Länge von drei Kilometern ist der Aufstieg vermeintlich kurz, allerdings sehr unwegsam und auf einigen Teilstücken sehr steil. Für den Abstieg kann man zahlreiche Wege wählen, die sich in ihrer Länge und dem Gefälle unterscheiden – oder auch dem Zielort…
Alpines Equipment
Nach der kurzen Recherche zu meinem heutigen Ausflugsziel schmiere ich mir ein paar Salamibrote, fülle meine Trinkflasche auf und packe meinen Rucksack. Als ich mich in kurzer Hose, T-Shirt und Joggingschuhen auf den Weg mache, ist es bereits 12.00 Uhr. Am Anfang geht es entlang der Hauptstraße zum sogenannten „Selemorksvejen“, der an einem Flusslauf aus der Stadt ins Fjell führt. Da ich diesen Weg bereits einige Male gelaufen/gejoggt bin, komme ich bis zum Abzweig zum „Tunglandsfjell“ schnell voran. Im Gegensatz zur ersten Joggingtour zur „Selemorkshytta“, wenn man als norddeutscher Läufer nur die „Ebene“ gewöhnt ist. In diesem Fall können fünf Kilometer und 250 Höhenmeter erstaunlich lang und anstrengend sein.
Als ich von dem Hauptweg abzweige, folge ich einem kleinen Trampelpfad unter einer Hochspannungsleitung und komme ohne große Umwege dem Fjell näher. Der Weg scheint zudem sehr umfrequentiert genutzt zu werden, da er durch Gras und anderes Gestrüpp völlig zugewachsen ist. Es dauert nicht lange, bis ich merke warum der Weg nur selten genutzt wird. Auf Grund der Tatsache, dass der Weg ohne Kompromiss zum „Tunglandsfjell“ führt, müssen auf der kurzen Wegstrecke zahlreiche Höhenmeter bewältigt werden. Ebenso hängen, dankenswerter Weise, an einigen Stellen Seile an denen man sich hochziehen kann, da man auf den glatten Steinen ansonsten keinen Halt finden würde.
Briefkästen im Fjell
Etwas abgekämpft werde ich nach einer Stunde von einer sehr steifen Brise auf der „Spitze“ begrüßt. Wobei es an sich keine Spitze gibt, da das Fjell am höchsten Punkt vorerst relativ flach abfällt. Im Schatten eines großen Steins genieße ich den fantastischen Blick und esse meine Salamibrote. Wenn man im Fjell auf kleine, schwarze Briefkästen trifft, so findet man dort meistens nicht die Post sondern das so genannte „Turbok“ – eine Art Gästebuch. Nach meiner halbstündigen Pause trage ich mich noch schnell ins Gästebuch ein und blättere eine wenig durch das Buch. Zu meiner Verwunderung, da ich auf der gesamten Tour noch keinen einzigen Menschen gesehen habe (trotzdem es Sonntag ist), waren sogar am 24. Dezember eine Gruppe von Norwegern hier oben.
Für den Abstieg habe ich mich für einen anderen bzw. zwei andere Wege entschieden. Am südöstlichen Hang folge ich vorerst dem Rundweg, der letztlich nach einem großen Bogen wieder am „Selemorksvejen“ endet. Jedoch verlasse ich den Rundweg nach gut einem Kilometer und schlage mich zu einem anderen Pfad durch, der direkt am Ufer des Fjords endet. Das meine Schuhe dabei etwas nass werden nehme ich in Kauf, in der Hoffnung, dass der Weg in einem guten Zustand ist und ich gut voran komme. Den Spuren im hohen Gras zu Folge bin ich nicht der oder das Einzige, der, die oder das versucht hat sich hier durchzuschlagen.
Wo eine Hecke ist, ist auch eine Straße!
Auf den Pfad treffe ich durch Zufall und wenn man nicht weiß, dass hier ein Pfad ist, hätte man ihn mit Sicherheit nicht wahrgenommen. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und so kämpfe ich mich auf Geröllhängen, durch moorige Ebenen, auf steilen Abhängen und durch dichtes Gestrüpp in Richtung Fjord. Auf diesem Weg könnte man professionelles Outdoorequipment auf seine Zuverlässigkeit testen und Sportsachen auf ihre Haltbarkeit. Nach gut einer Stunde komme ich bei der Hauptstraße, die meinen Weg zum Fjord kreuzt, aus der Hecke. Da die Autofahrer bereits etwas verwundert gucken, warum ich Mitten im Nichts an der Straße stehe, entschließe ich mich auf der anderen Seite weiter in Richtung Fjord zu „pfadfinden“. Glücklicherweise finde ich durch Zufall einen kleinen Bach, dem ich ohne Bedenken am Ufer folge, da er zwangsläufig im Fjord münden wird.
Als der Bach allerdings in einem Rohr verschwindet und ich vor einer zwei Meter hohen Hecke stehe, muss ich mir eine Alternative suchen. Schnell verwerfe ich die Idee durch die Hecke zu gucken (oder zu steigen) und laufe lieber ein Stück an der Hecke entlang. Dieses Mal gilt unter anderem: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ aber auch: „Wo eine Hecke ist, ist auch eine Straße.“! Am Ende muss ich zwar über einen Zaun steigen, aber dafür stehe ich danach auf der Straße, die entlang des Fjords wieder nach Jørpeland führt. Der restliche Weg an der Straße ist „unspektakulär“, bis auf die prächtigen Villen, die Teslas und die nachmittägliche Stimmung am Fjord. Am späten Abend merke ich allerdings, dass ein Kopfschutz während des Tags gar nicht schlecht gewesen wäre…
Bis zum nächsten Mal, wenn das Wetter es zulässt vom Preikestolen.
Kai
Hallo Kai,
endlich habe ich es auch geschafft auf deiner Seite zu stöbern.
Herrrrlich.
Toll. Jetzt sollte ich mir öfter Zeit nehmen deine Tour mitzuverfolgen.
Ich bin ganz begeistert.
Ganz ehrlich: „Ich bin da eher der visuelle Typ und freue mich besonders über deine tollen Fotos.“
Wünsche dir noch viele tolle Erlebnisse und nette Begegnungen.
Lieben Gruß
Beate
Hallo Beate,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Dann wünsche ich Dir viel Spaß die Bilder der vergangenen Monate zu sichten. Empfehlung des Hauses ist der Bericht von der Reise nach Turku – sowohl Bilder als auch Text. Grundsätzlich ist auch immer etwas für visuelle Typen dabei, lediglich im Impressum sind keine Bilder. 😉
Bis dahin
Kai
Hallo Kai, guten Morgen,
und hiermit, nach Beate, nochmals ein herzlicher Gruß aus Schleswig-Holstein! Weiter viel Spaß, beim Schreiben, Fotografieren, Arbeiten, Wandern und Genießen der NATUR. Like your blog! Sagen wir, wie es ist: Norwegen ist wohl eines der das schönsten Länder überhaupt. Und du sparst ja Millionen, indem du viel Zeit Outdoor verbringst, auch zum Wandern nicht zu früh aufstehst, Vergnügungsindustrie oder Konzerte/Kultur mit Ausschreitungen – und andere Geselligkeiten sowie Dekadenz – weitgehend meidest. Dergleichen müsste man wohl in Oslo suchen?!
Beste Grüße – auch an den freundlichen König Harald V., falls du ihn beim Wandern triffst, während er vielleicht seine nächste schöööhhne emotionale Rede für Toleranz “dichtet“ 🙂
Anja@Ahrensburg@Kaffee@SpätsommerlicherBalkonrepublik
Moin Anja,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Den Spaß werde ich weiterhin haben – absolut! Da ist wohl was dran, dass ich hier ziemlich komfortabel und günstig/kostenlos lebe. Konzerte und Festivals finden wohl wirklich hauptsächlich in Oslo statt, aber für Ausschreitungen sind die Norweger grundsätzlich viel zu entspannt und Geselligkeit habe ich 24/7 in der Familie! 😀
Sei diesbezüglich aber mal gespannt auf die nächsten Monate bzw. auf den November. 😉
Bis dahin schöne Grüße in den „echten Norden“.
Kai
Hallo Kai,
ich musste ein bisschen schmunzeln beim Lesen! ‚Wo eine Hecke ist, ist auch eine Straße!‘ 😀 Da hatten wir es ja in Schweden vergleichsweise noch gut mit den nur leicht unwegsamen Pfaden. 😉
Ich bin so neidisch auf dich, dass du den Preikestolen siehst! Steht Trolltunga auch noch auf deiner bucket list von Ausflügen, oder ist das gar zu weit? Naja, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – richtig? 😉
Grüße aus Franken!
Annika
Moin Annika,
ja das stimmt. Ich hätte natürlich auch einfach an der Straße entlang gehen können, aber das wäre ja nicht so interessant gewesen.
Eine Liste habe ich nicht, aber es liegt ja alles in der Nähe. Allerdings ist heute das (angekündigte) schlechte Wetter angekommen und da man das Wetter im Fjell und vor allem an einem 600 Meter Abgrund nicht unterschätzen darf, drücke ich zur Zeit die Daumen, dass es dieses Wochenende etwas wird.
Aber wo ein Wille ist, ist eben auch ein Weg! 😀
Kai