Reisemüdigkeit
Die Nacht war merklich unruhig, wobei meine Flasche Wasser als einzigste aus dem Bett gefallen ist. Bei der Einfahrt in den Stockholmer Schärengarten um 6.00 Uhr nahe der Hafenstadt Kapellskär wird es allerdings wesentlich ruhiger. Wie am gestrigen Tag beginne ich auch den heutigen Morgen ebenfalls mit einem Frühstück im Restaurant auf Deck 7. Da ich als Alleinreisender niemanden habe, der an meinem Frühstückstisch sitzen bleibt und ich auch kein Handtuch dabei habe, um zu zeigen, dass dieser Tisch belegt ist, muss ich mir zweimal einen neuen Tisch am Fenster suchen. Unglücklicherweise räumen die Kellnerinnen meinen Teller und mein Glas immer auf, wenn ich mir etwas Neues hole und ein anderer Gast setzt sich dann an den vermeintlich-freien Fensterplatz. Am Ende suche ich mir einen kleinen Tisch in der Mitte.
Währenddessen zieht draußen der Schärengarten in gemächlichen Tempo vorbei, was dazu führt, dass die Fahrt von Kapellskär bis zum Anleger viereinhalb Stunden in Anspruch nimmt. Dabei passieren wir zahlreiche enge Stellen, kreuzen diverse Verbindungsfähren und manövrieren zwischen Betsö und Värmdön im Slalom-Kurs um kleine Inseln.
Münzen wechseln
Im Laufe des gestrigen Tages in Tallinn habe ich mehrfach versucht, durch simples Einkaufen estländische Münzen zu bekommen. Das Resultat ist ein volles Münzfach in meinem Portemonnaie, welches lediglich mit Münzen aus Finnland, Deutschland, Spanien und Österreich gefüllt ist. Etwas frustriert gehe ich also zur Information auf Deck 6 und frage in der „Wechselstube“, ob sie nicht auch Geld tauchen würden. Da zu dieser Zeit nicht viel los ist, haben wir alle Zeit der Welt und so komme ich mit einem kompletten Satz estländische Münzen wieder in meine Kabine zurück. Wobei auch die Frau an der Rezeption für ein estländisches 2€-Stück erst zwei Münzrollen öffnen muss, bis sie eins findet.
Zufrieden genieße ich anschließend die restliche Stunde Fahrt auf dem Deck der „M/S Romantika“. Weil mir nach der Ankunft am Värtahamnen nur eine Stunde und 15 Minuten Zeit bleiben, bis mein vorgebrachter Zug Stockholm verlässt, stehe ich ausnahmsweise als einer der ersten am Ausgang. Auf dem ca. 5 km lange Fußweg muss ich unter anderem noch meinen Reiserucksack im Hotel abholen und etwas Proviant für die Zugfahrt einkaufen. Deswegen lohnt es sich auch nicht mit der Metro vom Terminal zum Hauptbahnhof zu fahren. Etwas abgehetzt komme ich um 11.15 Uhr mit meinem Rucksack und etwas zu Essen in der Hand auf Gleis 10 des Stockholmer Hauptbahnhofs an.
Reisemüdigkeit
Der X2000-Schnellzug der SJ verlässt Stockholm pünktlich um 11.29 in Richtung Göteborg. Da selbstverständlich Internet zur Verfügung steht, beginne ich ein paar E-Mails zu schreiben, Musik zu hören und den heutigen Bericht zu schreiben. Aber nach einigen Kurven die mit Tempo 120 km/h und Neigetechnik durchfahren werden, merke ich das mein Gleichgewichtssinn allmählich überfordert ist. Zu dem sitze ich entgegen der Fahrtrichtung und nach der unregelmäßigen Schiffsbewegung heute Nacht, weiß mein Kopf nicht mehr, wo hinten, vorne, oben, unten, links und rechts ist.
Die folgenden zwei Stunden Fahrt sind eine Qual. Ich versuche aus dem Fenster zu gucken und mir einen festen Punkt zu suchen, was wegen der ständig wechselnden Landschaft nicht möglich ist. Ebenso laufe ich mehrmals den Zug auf und ab, versuche etwas zu schlafen und bin heilfroh, als ich um 14.30 Uhr endlich in Göteborg ankomme. Von dort geht es nach 30 Minuten Aufenthalt mit einem Zug ohne Neigetechnik weiter nach Vänersborg.
Vom kleinen Bahnhof in Vänersborg ist es nur ein kleiner Fußmarsch zum Hotel in einem kleinen Wohngebiet. Als ich schlussendlich um 17.00 Uhr in das Bett in meinem Zimmer falle, frage ich mich, wo eigentlich der Tag geblieben ist. An diesem Abend schaffe ich es nicht mehr, noch einmal einen kleinen Spaziergang zu machen und so mache ich es mir im Bett gemütlich.
Deswegen kommt der Artikel auch erst heute.
Kai
Das ist wahrscheinlich das erste Mal in deinem Leben, dass du eine Zugfahrt nicht genossen hast 😀