Fjellwanderung Teil 1

Das (fast) ausgestorbene Sami-Dorf vor dem Höhenzug im Hintergrund.
Ein ganz heißer Tipp für die, die es gerne einsam und spartanisch haben.
Der Blick in das Trogtal mit der kleinen Rasthütte. Die Wegweiser dienen der Orientierung im Winter
Nach der Durchwanderung kommt die Regenwand immer näher. Kein Schutz, kein Baum - nichts.
Die Herberge am See. Links das Haupthaus und auf der rechten Seite die Sauna-Hütte.
Eine kleine Impression der Küche. Für derartige Verhältnisse ist sie sehr gut und umfangreich ausgestattet.
Das Abendbrot von heute, morgen, übermorgen und überübermorgen.
Abendstimmung am See der Herberge.

Prolog

5 Tage Einsamkeit – 5 kg Gepäck

Nun geht es los: die fünf Tages-Wanderung durch das jämtländische Fjell. Die Ziele jeder Etappe sind stets kleine Fjellhütten, die vom schwedischen Jugendherbergsverband betrieben werden. Da diese Hütten fernab von jeglicher Zivilisation liegen, steht folglich kein Strom und fließendes Wasser zur Verfügung. Stattdessen wird mit Gas geheizt und mit Holz gekocht. Das nötige Wasser wird mit Eimern aus dem angrenzenden See geholt wird und in einer Sickergrube entsorgt.

Meine Tour beginnt im kleinen Ort Tossåsen südlich einer großen Gebirgskette, die ich am ersten Tag im berühmten Lunndörrental durchquere. Das Ziel am ersten Tag ist die Lunndörrenstugorna am Ende des Tals. Am nächsten Tag geht es durch mooriges Gelände in Richtung Westen zur Vålåstugorna. Nach einer weiteren Nacht folge ich den Wanderwegen zum Helagsgletscher. An dessen Fuße liegt die Fjellstation „Helgas“ – mein vorletztes Ziel. Die letzte Etappe führt mich von dort nach Ljungdalen ins Tal zurück, wo ich am nächsten Tag den Bus nehmen werde.

Bei meinem Gepäck habe ich mich auf das Mindeste begrenzt: zwei Jacken, zwei T-Shirts, zwei Hosen, zwei Paar Socken, drei Unterhosen, ein Handtuch und Shampoo. Bezüglich der Verpflegung, die man ebenso in den Hütten erwerben kann, habe ich im Voraus zwei 500g-Packungen Nudeln, ein Glas Ketchup, eine Packung Polarbröd, Honig, zwei Äpfel, einen Pfirsich und Singoalla-Kekse mitgenommen. Das sonstige Reisegepäck besteht aus einer Trinkflasche, die man an sämtlichen Flüssen auffüllen kann, dem Fotoequipment und meinem iPad.

Von Tossåsen nach Lunndörren – 24 km

Karte.001

Am Anfang der heutigen Etappe und der gesamten Tour komme ich auf gut ausgebauten Schotterwegen sehr gut voran. An einer Wegkreuzung nach einigen Kilometern stehen zwei Wegweiser. Beide weisen einen jeweils unterschiedlichen Weg nach Lunndörren aus – nicht sehr hilfreich. Ich entscheide mich für den rechten Weg und komme nach weiteren zwei Kilometern in ein kleines, ausgestorbenes Samidorf. Mittlerweile überhalb der Baumgrenze erkenne ich den Höhenzug, den ich weit links von meinem jetzigen Standpunkt durchqueren muss. Der rechte Weg war also der Falsche – hm.

Da ich den ganzen Weg nicht wieder zurückgehen möchte, frage ich den einzigen Dorfbewohner, wie ich von hier am besten auf den Pfad nach Lunndörren zurückkomme. Es gibt einen kleinen Trampelpfad der parallel zum Höhenzug verläuft und am Ende komme ich auf den Wanderweg zurück. Währenddessen komme ich allerdings nur sehr mühsam voran und überquere am Ende einen schnellen Gebirgsbach mit einigen Sprüngen.

Gewitter im Fjell

Der Wanderweg nach Lunndörren biegt nach einige Kilometern in ein Trogtal, welches schon vor vielen Jahrzehnten den Soldaten als Querung des Höhenzugs diente. Im Gegensatz zum damaligen Verkehr auf dieser Route bin ich allerdings bis kurz vor Schluss völlig alleine unterwegs. Das Wetter, welches bis dahin wenigstens trocken ist, schlägt ab der Hälfte der Durchwanderung um. Dabei kann man wortwörtlich zugucken, wie sich die Regenwand durch das Tal in meine Richtung bewegt. Die gesamte Szenerie erinnert mich ein wenig an die Schlacht um „Helms Klamm“ in dem Herrn der Ringe.

Nachdem ich einige Wanderer überholt habe, treffe ich an einer Furt auf zwei deutsche Wanderer mit Equipment, als würden sie im Himalaya-Gebirge wandern. Als sie sehen, dass ich erstens Barfuß durch den Fluss wate, ansonsten nur mit Joggingschuhen unterwegs bin und obendrein mit Jogginghose bekleidet bin, können sie sich einen „erzieherischen“ Kommentar nicht verkneifen. Auf Englisch versuchen sie mir verständlich zu machen, dass das Wetter im Fjell schnell umschlagen kann und es ohne „richtiges“ Equipment „very dangerous“ ist.

STF Lunndörrenstugorna

Als ich um 16.30 Uhr nach fast sechs Stunden am angrenzen See der Herberge ankomme, ist der Himmel aufgerissen, die Sonne scheint und ich treffe auf ein Seeidyll sondergleichen. Direkt am See hat man eine kleine, rote Hütte errichtet: eine Sauna mit Seeblick, wie ich später erfahren werde. Im Haupthaus in dem sich die kleine Küche, acht 4-Bettzimmer, ein Trockenraum und die Rezeption befinden, werde ich mit einem Glas Saft vom „Fjällvärd“ begrüßt. Zu meiner Verwunderung laufen alle mit „Crocs“ herum, auch andere Gäste. Der Grund ist einfach: damit das Gebäude möglichst sauber bleibt und die eigenen Schuhe trocknen können, stellt STF Hausschuhe. Einerseits sehr praktisch, aber trotzdem ungewohnt.

Nach einem ausführlichen Rundgang über das Gelände, bringe ich meine Klamotten zum Trocknen in den Trockenraum. Unteranderem stehen dort zwei weitere Paare Joggingschuhe zum Trocknen – wie unverantwortlich mit solchen Schuhen im Fjell zu laufen…

Der Abend verläuft sehr ruhig und so esse ich gemütlich meine Nudeln mit Ketchup, rede mit den anderen Gästen, mache noch ein paar Fotos in der Abenddämmerung und ziehe mich gegen 21.00 Uhr auf mein Zimmer zurück.

Bis zum Herbsturlaub folgen ab jetzt alle zwei Tage die weiteren Berichte der Tour.

Kai

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