Polnische Abgeordnete

Einfahrt des EC 43 nach Warschau in Berlin Hauptbahnhof.
Das Bordrestaurant ist nicht nur das Essen betreffend gut ausgestattet.
Irgendwo im Nirgendwo.
Nach mehr als zehn Stunden Fahrt wartet nun nur noch der Fußmarsch zum Hostel.
Eine von vielen Koggen im Danziger Hafen.
Bei bereits leichter Dämmerung ein Blick auf ein paar alte Kontore.
Trotz später Stunde dreht das Riesenrad noch seine Runden.

Es geht los.

Von Hamburg nach Danzig.

Es ist 6.30 Uhr auf Gleis 12 in Hamburg-Altona steht der EC 173 in Richtung Budapest bereit, der mich bis Berlin bringen wird. Ein letztes Mal Mama und Papa winken und ich lasse mich gemütlich bis nach Berlin chauffieren – das Fenster rauscht.

Wie schwer mein Rucksack letztlich geworden ist, merke ich, als ich ihn kurz hinter Spandau langsam aus der Gepäckablage hieve und aufsetze. Nach zehn Minuten Fahrstuhlpendeln am Berliner Hauptbahnhof stehe ich an Gleis 12, wo in wenigen Minuten der EC 43 nach Warschau einfährt.

Keine Anmerkungen seitens der Bahn, ich freue mich auf sechs Stunden Fahrt durch polnische Kiefernwälder und mein Franzbrötchen im Rucksack. Leider fehlt mein Wagen unerwarteter Weise doch, so nehme ich in irgendeinem Abteil Platz und warte auf die Abfahrt. Eine aufgeregte chinesische Reisegruppe sucht, wie immer, zahlreich den fehlenden Waggon – nichts geht mehr, keiner kommt mehr durch, aber ich sitze. Bis Frankfurt (Oder) genießen wir zu fünft in einem Viererabteil, mit einer arbeitenden, nichtregelbarer Heizung das Leben in vollen Zügen. Geht schlimmer, aber egal.

Grenzkontrollen in der EU

Im ersten polnischen Bahnhof Rzepin steigt der polnische Zoll an Bord und kontrolliert sehr tüchtig die Ausweise jedes Reisenden. Ich möchte ankommen und verzichte darauf einzuwenden, dass ich nach Artikel 26 AEUV und dem darin festgehaltenen freien Personenverkehr, das Recht habe, mich innerhalb der EU frei zu bewegen.

Es ist mittlerweile 11.30 Uhr und im gesamten Waggon, der zum Teil das Bordrestaurant umfasst, riecht es nach Bratwürstchen. Anders als bei der Deutschen Bahn, wird im hier noch mit Pfannen und viel Bratfett frisch und fettig gekocht – einzigartig. In Posen leert sich mein Abteil kurzzeitig und wird dann, wie sich später herausstellte, von drei polnischen Abgeordneten in Beschlag genommen. Nach dem wir uns eine knappe Stunde angeschwiegen haben, entwickelt sich ein Gespräch zwischen mir und meinem Gegenüber. Ich erzähle von meinen Plänen und meiner Reise, was unvermeidbar ist folgte prompt: eine politische Debatte über die EU, die Brexit-Folgen für Polen und Deutschland, Rolle und Zukunft Polens in der EU und die Probleme des Südens von Europa.

Polen und die EU

Nach guten 45 Minuten endet die Diskussion mit erstaunlichen Erkenntnissen, wie z.B. das Polen ein großes Interesse daran hat, nach dem Brexit einen Teil des Finanzmarkts nach Polen zu verlagern. Ich bin skeptisch – er auch. Jedenfalls habe ich jetzt den Kontakt zu einem Abgeordneten im polnischen Parlament und kann ihn jederzeit anrufen, sofern ich in Polen Probleme habe. Glück ist eben nicht nur etwas für Pilze!

In Warschau heißt es Beine in die Hand, Gleis für den Zug nach Warschau suchen, gefunden, laufen, einsteigen und Abfahrt. Fünf Minuten sind nicht viel. Der Zug ist leer und so genieße ich die Fahrt bis nach Danzig, wo ich nach knappen dreieinhalb Stunden ankomme. Der Weg zum Hostel ist nicht weit mit 800 Metern und einfach zu finden.

Ich treffe an der Adresse nur auf polnische Handwerker, die mir ohne Englischkenntnisse gerade so vermitteln können, dass ich hier wohl nicht schlafen kann. Zum Glück ist das Hostel nur ein paar Straßen weiter gezogen und ich habe es am Ende besser als Gut – ein Zimmer zum Kanal mit Waffelgeruch, der von unten hochzieht und mich so langsam sehr hungrig macht.

Ich werde etwas Essen gehen.

Kai

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